Wie ich zu meinem Wollladen kam – mein Handarbeitslebenslauf

Wie noch einige meines Jahrgangs lernte ich bereits in der Grundschule Häkeln, Stricken, Weben und Sticken. Damals beeindruckten mich diese kreativen Tätigkeiten aber noch nicht sonderlich, im Gegenteil, das dauerte mir alles zu lang und war mir zu fieselig.

Ein paar Jahre später dann entdeckten meine Eltern und ich im Urlaub einen wunderschönen kleinen Stickladen in Lübeck (dieser existiert leider schon seit einigen Jahren nicht mehr). Die tollen modernen Stickvorlagen zogen uns in ihren Bann, waren sie doch so viel spannender als die in der Schule vom Lehrplan vorgegebenen. Wir fuhren daraufhin einige Jahre im Sommerurlaub wieder in den Norden, allein schon um Sticknachschub zu besorgen 😉

Ein paar Jahre vor dem Abitur entdeckten wir auf einem Bummel über den Würzburger Weihnachtsmarkt dann sowohl die Stadt, als auch das Stricken. Zu dieser Zeit gab es in der Würzburger Innenstadt noch einige Wollläden und die Auswahl war dadurch riesig. Der erste Schal war schnell gestrickt – und ähnlich schnell wieder vergessen. Wir wohnten immerhin über 150 km weit weg und kannten zu diesem Zeitpunkt bei uns in der Gegend keinen Wollladen. Lediglich die Freude am Sticken blieb, die Vorräte hierzu hatten sich in den ganzen Jahren zuvor auch gut angesammelt.

Während des Studiums in Würzburg (erst ein paar Semester Chemie, dann soziale Arbeit) fiel mir das Stricken und Häkeln wieder ein – und auch die schönen Wollläden in der Würzburger Innenstadt. Nach kurzer Zeit gefielen mir sowohl das Stricken als auch die Wollläden so sehr, dass ich sogar in einem als Aushilfe anfing. Das Verkaufen von Wolle, der Austausch von kreativen Gedanken und Projektideen mit anderen Handarbeitsverliebten hat mir so viel Freude bereitet, dass ich immer mehr den Wunsch hegte, irgendwann selbst ein Wollparadies zu eröffnen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber nicht gedacht, diesen Traum jemals verwirklichen zu können. Also strickte ich einfach munter weiter Oberteile, Tücher, unendlich viele Lacetücher, häkelte Kniedeckchen und Dreieckstücher und verarbeitete Knäuel um Knäuel. Das Sticken wurde weniger, der Nachschub blieb nach Schließen des kleinen Lädchens in Lübeck leider aus. Dafür lernte ich neue interessante Techniken wie Spinnen an Spindel und Rad, Weben am Webrahmen und Webstuhl, Nadelbinden, tunesisch Häkeln, Occhispitze oder Klöppeln.

Nach dem Studium und diversen Jobs in der sozialen Arbeit (sowohl selbstständig als auch angestellt) bestand der Wunsch nach einem eigenen Laden noch immer. Und während ich in einem dieser Jobs dahintrieb, kam die Frage auf, warum bis ans Lebensende einem Beruf nachgehen, der mich nicht glücklich macht, wenn man doch immer noch diesen einen Traum hat, der nur auf die Verwirklichung wartet?

Mitte 2019 war es dann so weit und ich traute mich an das Wagnis Wollladen, schrieb einen Businessplan, überlegte einen passenden Namen, suchte mir ein passendes Ladenlokal, ging bei den Banken Klinkenputzen, machte Pläne über die Inneneinrichtung, wie die Schränke am besten auszusehen hatten, baute die Schränke, bestellte die erste Ware…

Und ziemlich genau ein Jahr später konnte ich endlich eröffnen!

Seit 01. Juli 2020 darf ich nun meine Freude an schönen Garnen, nachhaltigen Materialien, tollen Schnitten und Modellen, unterschiedlichen Techniken und leuchtenden Farben mit euch allen teilen 🙂